Die Adivasi – Indiens Ureinwohner

(► „Santhal Para“)
Adivasi Dorfbewohner

Dorfbewohner von Santhal Para

Sie nennen sich selber „Adivasi“ (adi: ursprünglich, vasi: Bewohner – „ursprüngliche Bewohner“), in der indischen Verfassung werden sie als „Scheduled Tribes“ („registrierte Stämme“) zusammengefasst, von denen es mehrere Hundert von sehr unterschiedlicher Grösse gibt (wenige Hundert bis mehrere Millionen Stammesangehörige). Die Adivasi sind die Nachfahren jener Menschen, die in den dichten Wäldern des indischen Subkontinents als Jäger, Sammler, Fischer, Hirtennomaden oder Wanderfeldbauern lebten, als ab ca. 2500 v. Chr. von Westen her kriegerische Hirtenvölker das Land eroberten, die Bewohner versklavten oder vertrieben und die Wälder für ihre Zwecke rodeten. Diese Eroberungswelle dauerte ca. 1000 Jahre, während denen die Ureinwohner gezwungen waren, sich in teils unwegsame Gebirgsgebiete und Wälder zurückzuziehen, wo sie für sich eine Lebensgrundlage finden konnten und weitgehend nach ihren Traditionen isoliert lebten.

Im 18. und 19. Jahrhundert begannen britische Eroberer, die indischen Wälder rücksichtslos und grossflächig abzuholzen und Eisenbahnlinien in weitgehend unerschlossene Gebiete zu legen, um Bodenschätze abzubauen. Viele Adivasi wurden aus ihren Dörfern und Siedlungsgebieten vertrieben. Und diese Vertreibung hält bis heute an. Durch den Bau grosser Staudämme, Industrieparks, Militäranlagen etc. und durch das Schaffen von National- und Freizeitparks werden die Adivasi ihrer Lebensgrundlage beraubt. Viele sind gezwungen, in Städten als billige Arbeitskräfte oder Bettler zu leben.

90% der Adivasi leben unterhalb der Armutsgrenze, die meisten von ihnen sind Analphabeten und viele in einem schlechten Gesundheitszustand. Obwohl die indische Regierung für die Adivasi Quotierungen im Staatsdienst und Parlament wie auch im Bildungswesen vorsieht und Förderungsprogramme für eine bessere wirtschaftliche Entwicklung geschaffen hat, werden sie ausgegrenzt und ihre Lebensbedingungen verschlechtern sich weiter.

Alter Mann und Knabe_Santhal Para_2013_10

Doch es regt sich auch Widerstand. Die Adivasi kämpfen um den Erhalt ihrer Kulturen und ihrer traditionellen Lebensweisen, die durch die Ansprüche der expansiv wachsenden Wirtschaft Indiens unterzugehen drohen. Prominente Unterstützung haben sie auch von der durch ihren Roman „Der Gott der kleinen Dinge“ weltweit bekannt gewordenen Autorin Arundathi Roy erhalten, die sich an vielen Protestveranstaltungen beteiligt und sich für die Rechte der Adivasi einsetzt.

Kenntnisse in Lesen, Schreiben und Rechnen helfen den Adivasi, ihre Rechte zu verstehen, auszuüben und um sie zu kämpfen. In diesem Sinne engagiert sich we care für die Kinder der Adivasi Dörfer Santhal Para und Keotkhalisa in Westbengalen.

Die Adivasi jener Dörfer gehören zum Stamm der Santhal, dem grössten Adivasi Stamm. Ihm gehören mehrere Millionen Menschen an, die hauptsächlich in Bundesstaaten im Nordosten Indiens und teilweise in Bangladesh und Nepal leben.

Die Santhal leben meist in Dorfgemeinschaften, die eine klar gegliederte Gesellschaftsstruktur haben. Es gibt keine auf Macht oder Status basierende Hierarchie, und verglichen mit den Frauen in der hinduistischen Gesellschaft geniessen die Santhal Frauen weit mehr Rechte. Die Dorfgemeinschaft wird von einem auf Lebenszeit gewählten Häuptling regiert, der aber auch Ansprechperson für Ratsuchende und Schlichter bei Unstimmigkeiten ist.

Zwei Adivasi Mütter mit ihren Kindern

Santhal Frauen mit ihren Kindern

Die Santhal sprechen Santali, eine der ältesten Sprachen Indiens. Bei den zahlreichen traditionellen und religiösen Anlässen – die Santhal glauben an gute und böse Geister in der Natur, die ihren Alltag durchdringen – zeigt sich ihr reiches kulturelles Leben. Musik und Tanz spielen dabei eine grosse Rolle. Auch handwerklich und künstlerisch sind die Santhal geschickt und begabt.

Traditionell sind die Santhal Feldarbeiter; die wenigsten besitzen aber eigenes Land, sondern bestellen als Tagelöhner die Felder anderer. Aber auch auf Baustellen, in Fabriken und in Ziegeleien werden Santhal als billige Arbeitskräfte ausgenutzt. Die Santhal aus dem Dorf Santhal Para arbeiten auf den Reisfeldern indischer Bauern.

Weitere Informatonen:


Im Artikel „Landraub auf Kosten der Ärmsten“ – erschienen in der Zeitschrift „Doppelpunkt“ (Nr. 19/2014) – beschreibt Kamal A. Garg auf eindrückliche Weise die willkürliche Enteignung Millionen von Menschen – unter ihnen auch die Adivasi – durch den indischen Staat. (PDF)

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